Clubszene

ela. - Liebe & Krieg Tour 2021

Ela. - 08.10.2021

IMG Heutzutage genügt es oft, eine ‚Hammersängerin’ zu sein. Oder es wird ‚tolles Songwriting’ attestiert. Oder aber man bewundert das ‚verrückte Outfit‘ und stellt eine ‚krasse Attitude’ fest. Das reicht hier alles nicht, denn ela. hat Stimme, Songs, Look und Haltung. In einer einzigen Frau. Herrlich authentisch legt sie los: Warum gerade Frauen mehr streiten sollten; wieso es nervt, dass keiner mehr Dinge repariert; aus welchem Grund sie sich nicht in unbequeme Klamotten quetscht und was Berlin und ihre Wohnzimmerwände mit ihrem ersten Solo-Album zu tun haben. „Bin wie eine Kriegerin, ohne Schwert und ohne Schild.“ Gleich die erste Zeile des Titeltracks von Liebe & Krieg ist die Essenz von ela.. Die 26-jährige Musikerin weiß genau was sie will und geht ihren Weg, der schon immer ganz aus Musik gemacht ist. Geboren als Elzbieta Steinmetz wächst sie in einem Musikerhaushalt in der Ukraine und Polen auf. Besonders die Mutter, ausgebildete Opernsängerin, setzt den heimischen Ton mit Stärke, Verständnis und viel kreativem Ehrgeiz. Als ela. acht ist, zieht die Familie ins Saarland, ohne dass sie ein Wort Deutsch spricht. ela. wird ausgegrenzt, aber statt sich zurückzuziehen, geht das Mädchen in die Offensive: Tag und Nacht übt sie Vokabeln und kann nach nur einem halben Jahr ganze Aufsätze verfassen. „Ich hab kaum geschlafen, weil ich unbedingt wollte, dass die Kinder mich verstehen. Songs zu schreiben hat mir damals schon geholfen, meine Gefühle zu verarbeiten und an mich zu glauben. Ich habe einfach einen inneren Antrieb, der mich dazu bringt, immer wieder aufzustehen und weiterzumachen.“ Auch ihren beruflichen Erfolg hat ela. nicht geschenkt bekommen. „Vor dem ESC war es schwer, als Songwriterin ernstgenommen zu werden. Man braucht eben Referenzen, um entsprechende Aufmerksamkeit zu bekommen und die kamen dann nach Kopenhagen. Ich bin stolz auf das, was ich mit meiner Band Elaiza beim ESC erreicht haben: Es ist ja ein Komponistenwettbewerb und wir waren als totale Newcomer dabei.“ Eine Plattform, die ela. genutzt hat: Heute ist sie eine feste Größe in der deutschen Songwriter-Szene und schreibt regelmäßig für Kollegen von Helene Fischer bis Adel Tawil. „Ich bin lange zwischen dem Saarland und Berlin gependelt und habe wahnsinnig viel gearbeitet. Anfang 2018 war ich dann so erschöpft, dass es sich auf meine Stimme ausgewirkt hat. Es hat Monate gedauert bis ich wieder fit war – keine leichte Zeit, aber eine in der ich gelernt habe, dass man auch loslassen muss.“ Diese Krise, all ihre Erfahrungen und den endgültigen Umzug nach Berlin verarbeitet ela. auch im berührend biografischen Schattenlos – es geht um wichtige Wendepunkte, die aus der quirligen Sängerin eine erstaunliche Künstlerin gemacht haben, dokumentiert auf ihrem ersten Solo-Album Liebe & Krieg. „Ich fand Berlin zuerst extrem anstrengend. Es gibt von allem zu viel – Leute, Clubs, Partys und jeder hat Angst, was zu verpassen. Irgendwann habe ich dann kapiert: Nee, ich hab meine Leute und Berlin ist gar nicht so schlimm, wenn man das so lebt. Trotzdem nervt es, dass heute kaum noch jemand zuverlässig ist; dass wir verlernt haben, Dinge zu reparieren.“ ela. kennt das anders: In Liebe & Krieg stilisiert sie mit Klavier, fesselnder Intimität und Vocals, die in Deutschland ihresgleichen suchen, eine Küchenstreitszene, wie sie bei ihr zuhause typisch ist. Zeilen wie „Es gibt keine Regeln in der Liebe und im Krieg, das ist doch Wahnsinn, dass es uns immer noch gibt. Wir kämpfen und lieben, wir versprechen und lügen – das ist doch Wahnsinn, was man sich alles vergibt.“ widmet sie ihren Eltern: „Bei uns wird über alles ewig diskutiert. Meine Eltern reden unglaublich viel miteinander. Klar, wir haben als polnische Familie einfach viel Temperament, aber ich denke, dass man nur wachsen kann, wenn man ehrlich zueinander ist. Ich sage auch zu meinen Freunden: ‚Wenn dich was stört, sag es mir bitte sofort.’“ Auf die Beziehungsebene holt sie das mit straighten Songs wie Ehrlich kompliziert – und jeder, der 2019 in einer Großstadt mal versucht hat, Liebe zu finden, muss ela. dafür feiern, dass sie es endlich ganz klar ausspricht: „Ich bin genervt. Du sagst, du willst mich seh’n, aber sagst ab. Du hast Geduld, lässt dir alle Türen offen auf meinem Flur – komm mir nicht noch mal auf diese Tour.“ ela. spricht und schreibt wie ihr der Schnabel gewachsen ist: ungekünstelt und klug. Da ist keine falsche Eitelkeit und sie hasst ‚Rumheulen’ genauso wie Langeweile. „Ich finde Reibung wichtig – besonders für Frauen. Mir haben Viele gesagt, ich solle wie diese oder jene andere Künstlerin sein. Aber es gibt doch so viel mehr Platz für unterschiedliche Frauen mit unterschiedlichen Sounds. Ich liebe Gesamtkunstwerke wie Marilyn Manson, die verrückt sind und sich auch so inszenieren. Auch privat mag ich es Vintage und eher exzentrisch – ich habe z.B. unglaublich viele Schuhe. Locker über 100. Aussehen ist erst mal oberflächlich, aber Mode als Ausdruck der Persönlichkeit ist toll. Ich quetsche mich allerdings nicht mehr in Outfits, die ich nicht bequem finde. Die Frauen in den Magazinen heute sind doch wie Aliens, so sieht keine Frau wirklich aus. Ich verstehe nicht, warum immer noch in solchen Schubladen gedacht wird – und den Satz ‚Mäuschen, lass mich das mal machen’ will ich nicht mehr hören. Unter anderem deshalb habe ich den Song Fahrtwind geschrieben, in dem es um starke Frauen mit außergewöhnlichen Geschichten geht, und deswegen bin auch außerordentliches Mitglied in der GEMA geworden, um die Zukunft von Musikerinnen in der Branche selbst mitzugestalten.“ Sie kann eben nicht nur meckern, sondern arbeitet an Lösungen – genauso wie sie auf Liebe & Krieg auch vertont, was sie sich wünscht. Mit In Takt gelingt ihr eine leichtfüßig groovende Pop-Abhandlung darüber, wie sie tickt. „Das ist einer meiner Lieblingssongs. Er trifft genau, was ich brauche. Jemand, der mich auf dem Boden hält – wenn man sich zu sehr ähnelt, wird es langweilig.“ Das Entwaffnende an ela. ist ihre unmittelbare Ehrlichkeit. Auf dem jazzig-urbanen Lalala, inklusive lässiger Einlage des Rappers Ali As, ist der entscheidende Satz: „Nichts bringt mich heute aus der Bahn“ – ihr ist klar, dass man nicht dauernd mutig sein kann, aber versuchen muss man es immer wieder. „Für mich ist jeder Tag eine neue Challenge, auch musikalisch. Ich liebe es, mich in neue Welten einzufühlen und mit verschiedenen Leuten zu arbeiten. Das macht mich glücklich. Auch Liebe & Krieg habe ich zum Teil mit anderen zusammengeschrieben und einfach alle Genres benutzt, auf die ich Lust hatte. Manches ist mit Freunden in meinem Wohnzimmer entstanden, aber auch wenn ich alleine schreibe, brauche ich diese Reflektion und singe neue Ideen dann einfach der Wand laut vor, um den Klang zu hören.“

Tickets ab 23.20 €